Urbane Räume als Treiber der Energiewende

Weltweit ziehen immer mehr Menschen in Ballungsgebiete. Bereits heute lebt die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Und eine Trendumkehr ist nicht absehbar. Auch Berlin wächst und steuert auf die 4 Millionen-Marke zu.

Die Gründe sind vielfältig. Dazu zählen unter anderem ein breites Freizeit- und Kulturangebot oder zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten. Der Zuzug bleibt allerdings nicht folgenlos für die Städte. Die Kehrseite der Urbanisierung sind neben sozialen Herausforderungen, wie steigenden Mieten, zunehmende klima- und umweltbedingte Belastungen durch höhere Stadttemperaturen und mitunter kritische Luftschadstoffwerte.

Daher drängt die Zeit zum Handeln und der Ableitung von Gegenmaßnahmen, damit urbane Räume auch künftig lebenswert bleiben.

Die Bedingungen in Ballungsgebieten sind dafür aber vielfach besser als vermutet. Entscheidend ist es, die guten Voraussetzungen zu identifizieren und konsequent für die Umsetzung der urbanen Energiewende zu nutzen. Richtig angewendet, können die ambitionierten Klimaziele effektiv und bezahlbar realisiert werden. Kriterien, die entscheidend sein dürften für die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger, den Wandel zur Klimaneutralität mitzutragen.

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Vorstandsvorsitzender Gerhard Holtmeier © Thomas Ecke

Nimmt man Berlin als Beispiel, liegt ein großer Vorteil der Stadt für die urbane Energiewende in den zahlreichen Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorten. Mit Adlershof, dem EUREF Campus und dem großen Angebot an universitären Einrichtungen verfügt Berlin über ein sehr hohes Innovationspotential zur Entwicklung intelligenter und nachhaltiger Energieversorgungslösungen von morgen. Die Bandbreite der Forschungsprojekte erstreckt sich z. B. von der Entwicklung einer CO2-freien Wasserstofftechnologie, über die Erforschung des autonomen Fahrens mit elektrischem Antrieb bis hin zu Smart-Grid Anwendungen als Beitrag zur notwendigen Flexibilisierung des Energiesystems. Und auch dank der weltweit bekannten Start-Up-Szene der Stadt werden viele Verfahren mittlerweile zur Marktreife weiterentwickelt.

Die Potentiale für eine urbane Energiewende sind aber nicht nur auf die Zukunft gerichtet, sondern liegen auch im Hier und Jetzt und direkt bei den Energieverbrauchern.

Deutliche Einspareffekte können z. B. in den für die Stadt charakteristischen Kiezen mit ihren Wohn- und Gewerbequartieren gehoben werden. Typisch für die Stadtquartiere ist der häufig hohe Energieverbrauch pro Quadratmeter. Dies ist eine gute Basis, um mittels Quartierskonzepten und gemeinsam durchgeführten Energieverbrauchsanalysen, Effizienzverbesserungen abzuleiten, z.B. indem eine quartiersversorgende BHKW-Anlage in Betrieb genommen wird – das spart Geld und schützt das Klima!

Ein weiterer Klimaschutzhebel schlummert in zahlreichen Berliner Kellern. So sorgen immer noch ca. 66.000 Ölheizungen für warme Räume in der Hauptstadt. Durch einen Energieträgerwechsel könnten kurzfristig um die 600.000 Tonnen CO2 kostenschonend eingespart werden und zwar jedes Jahr. Vor allem durch Anreize, wie der aktuell in der Politik diskutierten Abwrackprämie, ließe sich der Fuel-Switch beschleunigen.

Essentiell für den Wandel zu einer klimaneutralen Stadt sind auch die flächendeckend verfügbaren Netzinfrastrukturen. Damit wird zum einen die Grundlage für den Austausch von alten Ölheizungen durch den Anschluss z. B. an das innerstädtische Gasnetz geschaffen. Das engmaschige Netzsystem stellt aber auch die Voraussetzung für die immer mehr an Bedeutung gewinnende Sektorenkopplung dar. Die „Sektorenkopplung 1.0“ über die KWK-Technologie, die den Strom- und Wärmesektor auf effiziente Weise miteinander verknüpft, ist bereits seit Längerem ein etabliertes Verfahren. Künftig können die Energieinfrastrukturen im Rahmen der „Sektorenkopplung 2.0“ auch stärker miteinander verbunden werden, um erneuerbaren Überschussstrom z. B. im Gasnetz in Form von Wasserstoff zu speichern und CO2-frei an die Endverbraucher zu transportieren.

Dieses Prinzip greift die GASAG im Zuge der Nachnutzung des Berliner Gasspeichers auf. Mit Hilfe von Wind- und PV-Strom aus dem Berliner Umland soll über ein Power-to-Gas-Verfahren Wasserstoff erzeugt und anschließend im Untergrund mikrobiologisch in synthetisches Methan umgewandelt werden. Der Speicher könnte in Zukunft also als grüne Batterie der Hauptstadt dienen und somit Berlin rund um die Uhr mit grüner Energie aus der brandenburgischen Region versorgen.

Für eine urbane Energiewende ist es daher entscheidend, auf das optimale Zusammenspiel und eine intelligente Verknüpfung der in der Stadt und Umgebung verfügbaren Komponenten und Einrichtungen zu setzen und daraus eine Smart-City Strategie für einen sozialverträglichen Klima- und Umweltschutz abzuleiten.