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Ich bin ein Teilzeit-Klimaheld

Dinge einfach mal sein lassen ist der beste Klimaschutz

Sebastian ist ein echter Nachhaltigkeits-Macher: Projektentwickler, Netzwerker und Lobbyist für besseres Klima in Berlin. Als Vorstandsmitglied bei Berlin21 setzt er sich in unterschiedlichen Initiativen und Projekten für eine nachhaltige Entwicklung Berlins ein. Unseren GASAG Umwelt€uro unterstützt er mit seinem Know-how. Mit wem also kann man besser über Nachhaltigkeit fachsimpeln?  
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Sebastian ist Nachhaltigkeits-Experte und setzt sich in verschiedenen Initiativen und Projekten für den Klimaschutz in Berlin ein. Den GASAG-Umwelteuro unterstützt er mit seinem fundierten Wissen.

Hallo Sebastian, was hast du denn heute, so ganz praktisch, für den Klimaschutz gemacht?

Aktiv gemacht eigentlich gar nichts (lacht). In meinen Augen geht es auch nicht darum, aktiv etwas zu machen, sondern viel mehr darum, Dinge sein zu lassen: eben gerade mal nicht ins Auto zu steigen, nicht für drei Tage nach Malle zu fliegen und innerhalb Deutschlands gar nicht mehr zu fliegen! Jeder sollte sich immer wieder fragen, muss ich dieses oder jenes jetzt wirklich unbedingt tun oder kaufen oder kann ich es nicht auch einfach lassen? Und wenn wir so alle die verschiedensten Dinge einfach nicht machen, dann ist aktiver Klimaschutz doch eigentlich ganz einfach. Aber eine kleine Sache fällt mir doch ein. So richtig aktiv für den Klimaschutz war ich, als ich heute Teilnehmer einer meiner Kurse, die morgens mit ihrem To-Go-Kaffee ankamen, auf die Einwegbecher angesprochen habe. Klar, die machen sich erstmal keine Gedanken über Nachhaltigkeit. Die wollen nur einen Kaffee haben. Aber als ich erklärt habe, welche Auswirkungen ein Wegwerfbecher beziehungsweise sein Plastikdeckel auf das eigene Leben oder das eigene Umfeld haben, waren sie erstmal erstaunt. 

Hm, Dinge einfach nicht mehr zu machen, klingt leichter als es wohl tatsächlich ist. Mit Blick auf die Sommerferien; verreist du? Klimaschutz und Reisen vertragen sich nur schwer.

Ich bin kein Konsumasket. Darum geht es nicht. Vielmehr bin ich sowas wie ein Teilzeit-Klimaheld. Bewusst konsumieren heißt nicht zwangsläufig Verzicht. Klar, ich steige auch mal ins Flugzeug, um irgendwo anzukommen. Ich fahre gerne woanders hin, bin gerne in anderen Kulturen unterwegs. Dort mit der Bahn hinzukommen ist schwierig und braucht Zeit. Die wiederum hat keiner oder besser: will sich keiner nehmen. Warum zwei Wochen Zeit nehmen, selbst wenn man sie hätte, wenn ich auch in zehn Stunden am gewünschten Ort sein kann? Aber: Fliegen ist klimarelevant und hochgradig schädlich. Daran gibt es nichts zu rütteln.

Ich bin ein Teilzeit-Klimaheld.

Ich denke, hier müssen technische Lösungen her wie beispielsweise Alternativen zum herkömmlichen Kerosin oder eine international höhere Besteuerung. Menschen werden nicht aufhören zu fliegen, nur weil es den Klimawandel gibt. Vielmehr muss man den Flugverkehr irgendwie CO2-neutral bekommen. Und eigentlich ist es auch ziemlich schräg, wenn ich für den Preis eines Bustickets fliegen kann. Da stimmt doch etwas nicht. Ich persönlich finde es nicht schlimm, wenn Fliegen teurer wird. Es ist in gewisser Weise kostbar, gerade weil es unsere natürlichen Ressourcen angreift. Dessen muss man sich bewusst werden. Und wenn ich schon ins Flugzeug steige, dann kompensiere ich. Das schlechte Gewissen bleibt aber, da ich weiß, dass für meine Flugreise im Ausgleich nicht genug Bäume gepflanzt werden.

Du propagierst den gedanklichen Wechsel vom Verbraucher zum Gebraucher. Was bedeutet das?

Wir alle müssen vom ewigen materiellen Konsum wegkommen. Wozu brauche ich zig günstige Teile im Schrank, wenn ich doch eh nur wenige langlebige Lieblingsteile trage? Warum investieren wir dieses Geld nicht lieber in gute, handgemachte Lebensmittel, deren Hersteller einen angemessenen Lohn für ihre Arbeit erhalten, oder in immaterielle Güter und lernen neue Sprachen oder ein Instrument? An solchen Dingen wachse ich als Mensch doch viel eher als am 30. Paar Schuhe. Und der CO2-Abdruck dieses immateriellen Konsums ist obendrein kleiner. In meinem Empfinden ersticken wir förmlich im Überfluss. Wir alle sollten uns viel mehr Gedanken darum machen, wie wir eigentlich leben wollen, was uns wirklich wichtig ist. Da kann sich jeder einmal fragen, ob er*sie all die angehäuften materiellen Dinge um sich herum wirklich braucht, um ein zufriedenes Leben zu führen.

Du hast mal gesagt, dass man die wichtigen Dinge im Leben nicht kaufen kann. Aber Hand aufs Herz, was war dein letzter Lieblingskauf ?

An meinen letzten Lieblingskauf kann ich mich wirklich nicht erinnern. Mein Konsumverhalten fällt da wohl etwas aus der Reihe. Na klar gibt es Dinge, von denen ich sage, dass ich sie unbedingt brauche. Allerdings bin ich auch kein Impulskäufer. Ich überlege immer sehr genau, wo und wie ich etwas kaufe. Es muss ja zum Beispiel nicht immer alles neu sein. Und ja, auch ich kaufe nicht alles 100% ökologisch korrekt. Das will ich auch gar nicht für mich in Anspruch nehmen. Ich versuche vielmehr es bestmöglich zu machen. Vor ein paar Wochen habe ich mir für das Fitness-Studio, wo ich ein Rückentraining absolvieren muss, ein Paar Schuhe gekauft, die habe ich sogar online bestellt und bin nicht in den Laden gegangen. Ja, vielleicht hätte ich auch anders kaufen können, aber bei gebrauchten Schuhen bin ich immer etwas skeptisch. Also kaufe ich mir eben neue Schuhe aus dem Online-Shop. Das dann aber ganz bewusst und natürlich auch so, dass es mir gefällt und ich mich darüber freuen kann.

Du unterstützt den GASAG-Umwelt€uro mit deinem Know-how und hilfst Berliner Klimaschutz-Initiativen dabei, für ihr Engagement Spendengelder einzuwerben. Was denkst du, wie wichtig ist den Berlinern Umwelt- und Klimaschutz?

Berlin ist im europäischen Vergleich eine sehr, sehr grüne Stadt. Wir haben über 40 Prozent Grün- und Wasserflächen, unglaublich viele Stadtbäume und diese gute Lebensqualität zieht ja auch massiv Menschen hierher. Ich glaube schon, dass grundsätzlich jeder Einwohner Berlins diese Natur schätzt und unbedingt erhalten will. Aber wenn es konkret wird und es zum Beispiel um autofreie Kieze geht, werden die Debatten schnell hitzig. Auf gewohnten Komfort verzichtet niemand bereitwillig, beziehungsweise wollen wir eben alles: das eigene Auto vor der Tür, gute Luftqualität und den Park fußläufig. Das aufzulösen ist eine große Aufgabe, die von allen Seiten Umdenken erfordert.